
Foreign Affairs, July 1967.
1960s
Das Zentrum der geistigen Selbstdisziplin als solcher ist in Zersetzung begriffen. Die Tabus, die den geistigen Rang eines Menschen ausmachen, oftmals sedimentierte Erfahrungen und unartikulierte Erkenntnisse, richten sich stets gegen eigene Regungen, die er verdammen lernte, die aber so stark sind, daß nur eine fraglose und unbefragte Instanz ihnen Einhalt gebieten kann. Was fürs Triebleben gilt, gilt fürs geistige nicht minder: der Maler und Komponist, der diese und jene Farbenzusammenstellung oder Akkordverbindung als kitschig sich untersagt, der Schriftsteller, dem sprachliche Konfigurationen als banal oder pedantisch auf die Nerven gehen, reagiert so heftig gegen sie, weil in ihm selber Schichten sind, die es dorthin lockt. Die Absage ans herrschende Unwesen der Kultur setzt voraus, daß man an diesem selber genug teilhat, um es gleichsam in den eigenen Fingern zucken zu fühlen, daß man aber zugleich aus dieser Teilhabe Kräfte zog, sie zu kündigen. Diese Kräfte, die als solche des individuellen Widerstands in Erscheinung treten, sind darum doch keineswegs selber bloß individueller Art. Das intellektuelle Gewissen, in dem sie sich zusammenfassen, hat ein gesellschaftliches Moment so gut wie das moralische Überich. Es bildet sich an einer Vorstellung von der richtigen Gesellschaft und deren Bürgern. Läßt einmal diese Vorstellung nach—und wer könnte noch blind vertrauend ihr sich überlassen—, so verliert der intellektuelle Drang nach unten seine Hemmung, und aller Unrat, den die barbarische Kultur im Individuum zurückgelassen hat, Halbbildung, sich Gehenlassen, plumpe Vertraulichkeit, Ungeschliffenheit, kommt zum Vorschein. Meist rationalisiert es sich auch noch als Humanität, als den Willen, anderen Menschen sich verständlich zu machen, als welterfahrene Verantwortlichkeit. Aber das Opfer der intellektuellen Selbstdisziplin fällt dem, der es auf sich nimmt, viel zu leicht, als daß man ihm glauben dürfte, daß es eines ist.
E. Jephcott, trans. (1974), § 8
Minima Moralia (1951)
Das Zentrum der geistigen Selbstdisziplin als solcher ist in Zersetzung begriffen. Die Tabus, die den geistigen Rang eines Menschen ausmachen, oftmals sedimentierte Erfahrungen und unartikulierte Erkenntnisse, richten sich stets gegen eigene Regungen, die er verdammen lernte, die aber so stark sind, daß nur eine fraglose und unbefragte Instanz ihnen Einhalt gebieten kann. Was fürs Triebleben gilt, gilt fürs geistige nicht minder: der Maler und Komponist, der diese und jene Farbenzusammenstellung oder Akkordverbindung als kitschig sich untersagt, der Schriftsteller, dem sprachliche Konfigurationen als banal oder pedantisch auf die Nerven gehen, reagiert so heftig gegen sie, weil in ihm selber Schichten sind, die es dorthin lockt. Die Absage ans herrschende Unwesen der Kultur setzt voraus, daß man an diesem selber genug teilhat, um es gleichsam in den eigenen Fingern zucken zu fühlen, daß man aber zugleich aus dieser Teilhabe Kräfte zog, sie zu kündigen. Diese Kräfte, die als solche des individuellen Widerstands in Erscheinung treten, sind darum doch keineswegs selber bloß individueller Art. Das intellektuelle Gewissen, in dem sie sich zusammenfassen, hat ein gesellschaftliches Moment so gut wie das moralische Überich. Es bildet sich an einer Vorstellung von der richtigen Gesellschaft und deren Bürgern. Läßt einmal diese Vorstellung nach—und wer könnte noch blind vertrauend ihr sich überlassen—, so verliert der intellektuelle Drang nach unten seine Hemmung, und aller Unrat, den die barbarische Kultur im Individuum zurückgelassen hat, Halbbildung, sich Gehenlassen, plumpe Vertraulichkeit, Ungeschliffenheit, kommt zum Vorschein. Meist rationalisiert es sich auch noch als Humanität, als den Willen, anderen Menschen sich verständlich zu machen, als welterfahrene Verantwortlichkeit. Aber das Opfer der intellektuellen Selbstdisziplin fällt dem, der es auf sich nimmt, viel zu leicht, als daß man ihm glauben dürfte, daß es eines ist.
Minima Moralia (1951)
Foreign Affairs, July 1967.
1960s
Source: Irrational Man: A Study in Existential Philosophy (1958), Chapter Eleven, The Place Of The Furies, p. 238
Speech delivered to the Bombay Presidency Mahar Conference (31 May 1936) http://www.columbia.edu/itc/mealac/pritchett/00ambedkar/txt_ambedkar_salvation.html
“More important, from this total questioning of what has previously been unquestioned, we learn.”
Tragedy and the Common Man (1949)
Context: Only the passive, only those who accept their lot without active retaliation, are "flawless." Most of us are in that category.
But there are among us today, as there always have been, those who act against the scheme of things that degrades them, and in the process of action everything we have accepted out of fear of insensitivity or ignorance is shaken before us and examined, and from this total onslaught by an individual against the seemingly stable cosmos surrounding us — from this total examination of the "unchangeable" environment — comes the terror and the fear that is classically associated with tragedy. More important, from this total questioning of what has previously been unquestioned, we learn.
Source: Anarcho-Syndicalism (1938), Ch. 5 "The Methods of Anarcho-Syndicalism"
Context: True intellectual culture and the demand for higher interests in life does not become possible until man has achieved a certain material standard of living, which makes him capable of these. Without this preliminary any higher intellectual aspirations are quite out of the question. Men who are constantly threatened by direst misery can hardly have much understanding of the higher cultural values. Only after the workers, by decades of struggle, had conquered for themselves a better standard of living could there be any talk of intellectual and cultural development among them. But it is just these aspirations of the workers which the employers view with deepest distrust. For capitalists as a class, the well-known saying of the Spanish minister, Juan Bravo Murillo, still holds good today:"We need no men who can think among the workers; what we need is beasts of toil."
Source: L’Expérience Intérieure (1943), p. 13
Der Philister … ist demnach ein Mensch ohne geistige Bedürfnisse. Hieraus nun folgt gar mancherlei: erstlich, in Hinsicht auf ihn selbst, daß er ohne geistige Genüsse bleibt; nach dem schon erwähnten Grundsatz: il n’est pas de vrais plaisirs qu’avec de vrais besoins.
E. Payne, trans. (1974) Vol. 1, p. 344
Parerga and Paralipomena (1851), Aphorisms on the Wisdom of Life